Eine Kirche erzählt

Hier wird die Geschichte, der DVD „Eine Kirche erzählt“ als Bildergeschichte gezeigt. Leider kann das vollständige Video online aus Urheberrechtsgründen nicht gezeigt werden. Bei Interesse an dem Film wenden Sie sich bitte an das Gemeindebüro der Kirchengemeinde Gerresheim. Dort sind noch einige Restexemplare verfügbar.

 

Bildergeschichte zum Film „Eine Kirche erzählt“

ghf-Video, Heinz Friedrich, Copyright 2012

Alles hat seine Zeit und ein jegliches hat seine Stunde. So sagt es die Bibel. Alles hat seine Zeit und seine Stunde, seine Befristung. Auch eine Kirche? Eine Kirchengemeinde?
Die Kirche hat es immer nötig, sich zu verändern. Sagt Martin Luther. Doch wann ist es Zeit zu Veränderung? Und was muss sich ändern, und was sollte bleiben? Nur wer sich ändert, bleibt sich treu. Sagt menschliche Weisheit.
Wie kann eine Kirche, eine Kirchengemeinde sich so ändern, dass sie damit Gott und den Menschen treu bleibt? Eine Kirche erzählt:
Kennen Sie Gerresheim? Kennen Sie den Hardenberg? Kennen Sie den Pillebach? Dann kennen Sie auch mich: Die Gustav-Adolf-Kirche. Denn hier stehe ich seit nunmehr 134 Jahren.
Ursprünglich hieß ich Evangelische Stadtkirche. 1878 besaß Gerresheim nämlich noch das Stadtrecht. Zu meinem heutigen Namen kam ich erst 1932. Anlässlich des 300. Todestages des Schwedenkönigs Gustav-Adolf II, der sich im 30-jährigen Krieg mit den protestantischen Fürsten verbündete.
Im Laufe der Zeit wuchs die Gerresheimer Gemeinde zu einer solchen Größe an, dass mir 1957 die Gnadenkirche am damaligen Hellweg und 1960 die Apostelkirche an der Metzkauser Straße zur Seite gestellt wurden. Und heute bin ich wieder der einzige evangelische Kirchenraum für Gerresheim.
Nachdem der Abriss der Gnadenkirche beschlossen war, fand am 31. Januar 2010 der letzte Gottesdienst statt. Der Abschied vom Gotteshaus an der Dreherstraße fiel wohl allen schwer, da es mit seinem offenen Glockenturm ein bisschen zum Wahrzeichen des 4. Pfarrbezirks geworden war.
Am 24. Juni wurden dann die beiden Glocken abgeholt. Die Gemeinde hatte sie nach Südamerika verkauft. Pfarrer Rudolf Pascher war eigens aus Paraguay angereist, um den Abbau und Transport zur Zwischenlagerung in Sulz am Neckar zu überwachen. Erst im September sollten sie ihre große Reise nach Independencia in Ost-Paraguay antreten.
Am 1. September 2010 war vom gesamten Gemeindezentrum nicht mehr als eine Ruine übrig geblieben.
Trotz vieler Proteste und zähem Ringen um den Erhalt der Apostelkirche war auch ihr kein anderes Los beschieden. Eine Kirche welche fast 50 Jahre voller Leben war, sah ihrer Auflösung entgegen.
Noch im April 2010 stellten Kinder der Clara-Schumann-Musikschule hier ihr musikalisches Können unter Beweis in einer Aufführung für die Evangelische Hanna-Zürndorfer-Schule, die hier – wie auch andere Schulen – regelmäßig ihre Gottesdienste feierte.
Melodien, Lieder und Lachen erfüllten den Kirchraum, der durch seine Akustik besonders für die Musik als Ausdruck des christlichen Glaubens wie geschaffen war.
Durch eine Vielzahl von musikalisch gestalteten Gottesdiensten, Chor- und Orgelkonzerten kamen hier Menschen auch über die Grenzen der Gemeinde hinaus zusammen.
Nach einem letzten Glockengruß im Juli aber begannen die Vorbereitungen zum Abtransport der Inneneinrichtung. Hier noch einmal eindrücklich in einigen Ausschnitten aus dem Projekt ‚Kirchen im Fluge‘ von Düsseldorfer Studenten zu sehen.
Die sehr gute Beckerath-Orgel wurde an eine katholische Kirchengemeinde nach Bayern (Korrektur: Baden-Württemberg, Unterdeufstetten) verkauft. Berührend war der Besuch einer Delegation dieser Gemeinde, die gemeinsam mit ihrem Pfarrer zum Abschiedskonzert nach Gerresheim gekommen waren.
Wie zuvor bei der Gnadenkirche wurde manches der Inneneinrichtung verkauft oder fand Liebhaber. Vom Kirchengebäude selber sollte einzig das vom Düsseldorfer Künstler Ernst Otto Köpke gestaltete, raumgroße Fenster an der Altarwand erhalten bleiben.
Ab 12. November 2010 begannen Spezialisten mit der Zerlegung und Nummerierung des Betonglasfensters in 130 Einzelteile, um diese zwischenzulagern, mit der Absicht das Fenster noch einmal in voller Größe an einem angemessenen Ort zum Leuchten zu bringen. Doch noch wartet es auf dem Gelände der Diakonie.
Mit diesen Arbeiten ging auch die Abnahme des großen Kreuzes vom Glockenturm einher (14.11.2010).
Hier, wo im Januar 2011 nur noch Bauschutt an das ehemalige Gemeindezentrum erinnerte, soll später ein neues Diakoniezentrum errichtet werden.
Während all dieser Auflösungs- und Abbrucharbeiten blieb auch ich nicht verschont. Im April 2010 stand ich, zwar ein bisschen angegraut und abgeblättert, im Frühlingssonnenschein und träumte vor mich hin. Es war so herrlich ruhig um mich herum.
Das Jugendheim, so schien es, genoss ebenfalls die Ruhe. Schließlich war es auch nicht mehr das jüngste Gebäude und hatte seit seiner Erbauung durch den freiwilligen Arbeitsdienst im Jahre 1932 schon so einiges mitgemacht.
Den Krieg hat es allerdings besser überstanden als das Gemeindehaus, die alte Pfarrhäuser und ich. Uns hatten die alliierten Bomber 1943 nämlich sehr zugesetzt.
Im Mai 2010, also knapp einen Monat später, war es aus mit Ruhe und Beschaulichkeit. In mir rumpelte und pumpelte, zwickte und zwackte es. Hier ein neues Fenster und dort eine neue Türöffnung. Also ich muss sagen: Das war schon ungemütlich.
Aber als der Bohrhammer zu meinen Füßen rüttelte und ratterte, das fand ich toll! Ich bin nämlich ein bisschen kitzelig.
Währenddessen wartete das Jugendheim darauf, dass die letzten Möbel abgeholt werden sollten. Und dann ging’s los. Sessel, Stühle und Tische wurden hinausgetragen. Allerdings nicht zur Entsorgung, nein, ein letzter Grillabend sollte stattfinden. Bei Würstchen und Salat, Bier und Cola wurden Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse und Freundschaften aufgefrischt.
Ende August / Anfang September hatte sich, für alle sichtbar, sehr viel verändert. Auf dem Gemeindehof waren Bäume und Randbefestigungen entfernt worden. Am Pfarrhaus, welches im Mai noch inmitten grünender Büsche stand, begannen die Abbrucharbeiten, bis es unter Ächzen und Stöhnen im jugendlichen Alter von 47 Jahren zusammenbrach.
Unser Gemeindehof war zu einer großen Baugrube geworden, denn auch das Jugendheim war inzwischen abgerissen.
Aber nicht alles war mit Abbruch und Abschied verbunden. Im Gegenteil. In mir rumorte und hämmerte es weiter. Bretter wurden abgemessen und zurecht gesägt, sodass sie passgenau eingesetzt werden konnten. Denn nun erhielt die Empore ein neues Aussehen.
Im neuen Gewand erstrahlte dagegen schon die Apsis. Hier, wo noch im Mai alles, abgedeckt und halbfertig, auf weitere Renovierungsarbeiten wartete, konnten nun die ersten Gottesdienste wieder stattfinden, sodass auch im Gemeindehaus mit den Malerarbeiten begonnen werden konnte.
In der Zwischenzeit war mein Glockenturm zum Problem geworden. Meine allerersten Glocken waren durch den ersten Weltkrieg zerstört und durch Eisenhartgussglocken 1924 ersetzt worden. Am Vormittag des 31. August 2010 wurden meine bisherigen Glocken mit aller Vorsicht herausgehoben und auf dem Gemeindehof abgestellt.
Nun aber sollten sie von den bronzenen Glocken der Apostelkirche abgelöst werden. Für dieses Gewicht war mein Glockenstuhl allerdings nicht ausgelegt. Nach einem entsprechenden Umbau war es dann soweit. Die mittlerweile eingetroffenen Glocken der Apostelkirche konnten schon gegen Mittag desselben Tages hochgezogen werden. In den darauffolgenden Tagen fanden die letzten Aufbau- und Einrichtungsarbeiten statt.
Anfang November 2010 begann man mit den Vorbereitungen des Fundaments. Im Februar 2011 war das neue Gemeindezentrum im Bau. Bagger und Kräne bestimmten das Bild und sorgten für neue Unruhe. Selbst den so gemütlich vor sich hin fließenden Pillebach hatte man seines Bettes beraubt.
Nein, das alles behagte mir gar nicht! Ich wollte einfach nichts mehr hören und sehen und hüllte mich ganz ein. Jetzt werde ich wohl meine Ruhe haben, dachte ich. Aber das Gegenteil war der Fall. Nun rückte man mir zuleide, besser gesagt meinem Mauerwerk. Gegen das Sandstrahlen hatte ich nicht einzuwenden, das viele kalte Wasser, es überlief mich eiskalt und drang bis in mein Innerstes.
Zur Gemeindeversammlung Ende März hatten meine alten Bänke wieder Einzug gehalten. Ich begann, mich wieder wohl zu fühlen und Hoffnung zu schöpfen, dass bald Ruhe einkehren würde. Doch was musste ich hören? Das Ende der Baumaßnahmen war erst für Ende September gedacht! Ich sollte noch ein Stück mehr eingerüstet werden (Anmerkung: Das Dach des Kirchturms musste noch zusätzlich erneuert werden). Dieser Gedanke war mir gar nicht angenehm.
Am 14. April 2011 war Richtfest. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen. Ein paarTage vorher hatte ich mich vorsichtig eines Teils meiner Umhüllung entledigt und sah nun neugierig auf das sich im Rohbau befindliche Gemeindezentrum herab. Die Bauarbeiten waren zwar noch voll im Gange, aber der Richtkranz war aufgezogen. Fröhlich flatterten die bunten Bänder im Wind.
Es gab bei diesem Richtfest allerdings eine Besonderheit. Ein zweiter Richtkranz wurde geschmückt und am Kran befestigt. Mach einer mag sich bei seinem Anblick gefragt haben: Warum zwei Kränze? Hat das einen religiösen Hintergrund? Nun, die Antwort darauf bleibt ein Geheimnis zwischen Pfarrer Steiner und mir.
Mittlerweile war es Mittag geworden. Erst jetzt durfte nach altem Brauch einer der Zimmerleute eine kurze Ansprache halten. Der Richtspruch ist ein Dank an Architekt und Bauherr und zum anderen eine Bitte um Gottes Segen für das Haus. (Anmerkung; Richtspruch wird gesprochen und Glas zerschmettert).
Das zerschmetterte Glas zeigt an, dass alles gut wird. Wäre es heil geblieben, so wäre dies ein schlechtes Omen.
Nach dem Richtschmaus informierten sich die Gäste über den Fortschritt der Bauarbeiten und der Restaurierung des alten Pfarrhauses.
Obwohl noch lange nicht fertig, war jetzt schon zu erkennen, dass die Umgestaltung des Pillebachs dem Gemeindehof ein ganz neues Gesicht verleihen würde.
Kaum zwei Monate später trugen wir beide ein neues Kleid. Der Pillebach präsentierte sich ganz in grün und mein Backstein war vom weißen Anstrich befreit. Meine Ziegelfassade wurde zur perfekten Ergänzung der übrigen Gebäude.
In denn nächsten drei Monaten gingen die Arbeiten ringsum zügig voran. Es wurden neue Elektroleitungen unter der Heyestraße hindurch zum Hauptanschluss auf der anderen Straßenseite verlegt. Verputz, Anstrich und Pflasterarbeiten bestimmten von nun an das Bild. Innen wie außen werkelten fleißige Hände.
Ende September drehten alle noch einmal so richtig auf. Es war nur noch eine gute Woche Zeit bis zum Gemeindetag. Die Elemente der Photovoltaikanlage waren inzwischen installiert. Mit den Pflasterarbeiten auf dem Gemeindehof war man auch gut voran gekommen, sodass sich diese Arbeiten allmählich dem Ende näherten. Der Boden war vorbereitet um die mittlerweile angelieferten Fertigrasen aufzunehmen.
Da sie Mauer im Laufe der Jahre und unter den Bauarbeiten sehr gelitten hatte, musste sie ausgebessert und neu verfugt werden. Die Innenarbeiten gingen ebenfalls zügig voran. Nach der Elektroinstallation und dem Einbau der Schränke erfolgten die Fußbodenarbeiten.
Am ersten Oktoberwochenende war es soweit. Die neuen Räumlichkeiten wurden vorgestellt. Viele Gemeindeglieder nutzten an beiden Tagen die Gelegenheit die gut geschnittenen und vor allen vielfältig zu nutzenden Räume zu besichtigen. Im Kirchenkaffee solle neben Kaffee und Kuchen auch Informationen und Beratungen angeboten werden. Die Kleiderkammer, bisher sehr beengt im alten Gemeindehaus untergebracht, wird hier Einzug halten.
Neben Räumlichkeiten für Kinder und Jugendliche wird es auch einen Raum zur Besinnung geben. Das vielseitige Gemeindeleben aller drei bisherigen Gemeindezentren soll hier zu einer Einheit verschmelzen.
Viel Beachtung fand auch der helle Flur mit seinem Glasdach, welcher nicht nur Gemeindezentrum und Gemeindebüro, sondern zugleich altes und neues harmonisch miteinander verbindet. Besonders gut gefielen die großen Fenster mit Blick auf die Außenanlage, oder besser gesagt Park. Die Renaturierung des Pillebachs und die Neugestaltung des Gemeindehofes bieten wirklich einen schönen Anblick und laden an Sonnentagen bestimmt zum Verweilen ein.
Mir gefallen die vielen großen Fenster allerdings auch sehr gut, da ich nun in die Räume hineinschauen kann und so viel mehr vom Gemeindeleben mitbekomme als bisher. Am Gemeindetag war ich nämlich ein wenig traurig, einen Blick in den Gemeindesaal zu werfen war für mich nicht so einfach. Und ich war doch so neugierig. Gern hätte ich gesehen, wie die hauptamtlich Tätigen grün beschürzt die ehrenamtlichen Mitarbeiter an diesem Tag bewirteten. Solch seltenes Ereignis darf man sich nicht entgehen lassen.
Aber ich will nicht klagen. Es gibt auch so viel Erfreuliches zu vermelden. Da ist zuerst einmal der neue Pavillon an meiner Seite. Zum einen passt er von der Gestaltung her sehr gut zu mir.
Zum anderen höre ich auch gerne zu, wenn Chorproben stattfinden. Und wenn dann auch noch Gottesdienste dort hinein übertragen werden, ist es eine wahre Freude für mich. Weiß ich doch, dass dann besonders viele Gemeindeglieder erschienen sind.
So ein Festgottesdienst wie zur Einweihung des neuen Gemeindezentrums ist ein wahrer Genuss. Chor, Predigt, andächtig Lauschende, Lobpreisen und Klänge der Orgel, oh, das tut gut! Und wenn erst einmal die neue Orgel in meinem Inneren erbraust, es wird ein Freudentag. Doch das wird noch ein wenig dauern.
Und so genieße ich bis dahin, dank der neuen Fußbodenheizung, meine warmen Füße, blicke mit großer Freude auf das neue Gemeindezentrum und lasse voller Dank meine Glocken erschallen.