Motivation

Es ist Weihnachten 2017 und ich denke an die Apostelkirche. Vielleicht, weil ich hier im hauptsächlich katholischen Bayern erst merke, was fehlt und was ich vermisse. Und was ich meinen Kindern nicht werde zeigen können.
Mit Sehnsucht denke ich an die Weihnachtsgottesdienste in der Apostelkirche, wo wir Kinder am Ende eine Kerze mit Licht vom Altar mit nach Hause nehmen durften. Wir Kinder, aufgereiht in einem Kirchenraum, der Weite gab, aber trotzdem Geborgenheit bot. Die Lampen wurden gedimmt und eine Orgel, die donnern und gleichzeitig strahlen konnte, stimmte das Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht“ an. Gänsehautmoment. Und wehe das Licht wurde auf dem Heimweg vom Wind ausgepustet. Ein Drama! Das Streichholzlicht vom Papa war einfach nicht dasselbe wie das Licht vom Altar.

Ich fange an im Internet nach Bildern der Apostelkirche zu suchen und stelle fest: es gibt kaum Bilder, wenig Texte! Auch eine Festschrift zum 50. Geburtstag nicht, sie war zwar geplant, wurde dann aber doch nicht (mehr) realisiert. Da erinnere ich mich der Fotos, die ich gemacht habe, als der Abriss längst beschlossen war, und wage mich daran diese auf einer Webseite zu veröffentlichen. Ich schreibe ganz viele Menschen an und versuche Stück für Stück Informationen und Dokumente zusammenzutragen. Und bei dieser Arbeit und durch die Kontakte merke ich, dass es offenbar noch mehr Menschen so geht wie mir. Menschen, denen die Apostelkirche etwas bedeutet hat, die sie vermissen und nicht möchten, dass sie in Vergessenheit gerät.

Sie war ein Schmuckstück. Aber zum Schluß leider sanierungabedürftig. Ich erinnere mich, an den ein oder andern Wasserschaden und, dass dauernd die Heizung ausfiel. Und ich weiss, dass man irgendwann nur noch viel Geld in die Hand nehmen oder abreißen kann. Letzteres war dann das Schicksal der Apostelkirche.

Ich wurde in Gerresheim geboren und bin dort aufgewachsen.
Ich wurde in der Apostelkirche getauft, ich bin in den Kindergarten an der Apostelkirche gegangen, in den Kindergottesdienst, zum Kinderchor und Flötenkreis, habe im Juhei gespielt und wurde in der Apostelkirche konfirmiert. Nur meine Hochzeit durfte ich dort nicht mehr feiern. Zu dem Zeitpunkt lag die Apostelkirche gerade in Trümmern.

Nein, ich bin nicht verbittert, sondern „nur“ traurig. Und diese Trauer ist vergleichbar mit der um einen lieben Menschen. Auch wenn der Verlust lange her ist, gibt es Momente, an denen es mich wieder „überkommt“ und dann krame ich, suche Fotos und Erinnerungsstücke.

Unbestritten ist am neuen Zentrum etwas Tolles geschaffen worden. Aber diese nicht mehr wiederherzustellende Vernichtung von religiöser Heimat, Kindheits- und Familienerinnerungen schmerzt leider bis heute. Ich konnte es mir (bislang) nie vorstellen, dass eine Kirche, ein Kirchengebäude, abgerissen werden könnte. Es war für mich so absurd, dass ich nicht einmal die Möglichkeit in Betracht gezogen habe. Kirche, das hatte doch immer so einen Hauch von Ewigkeit. Ein Gotteshaus, das hatte für mich Bestand, gegebenenfalls sogar über Jahrhunderte. So kam es mir bis dato nicht in den Sinn, dass ja auch eine Kirche finanzielle Schwierigkeiten haben könnte, die solch schwere Entscheidungen notwendig machen könnten.

Ich hätte es nur lieber gesehen, wenn man das Gebäude erhalten und einem anderen Zweck zugeführt hätte. Die Niederlande bieten hierfür zahlreiche Beispiele. Mir war daher lange nicht klar, dass „aufgeben“ gleichbedeutend mit „abreissen“ ist. Vielleicht wurde das Wort „aufgeben“ zunächst auch verwendet, um die Entscheidung vorsichtig den Gemeindemitgliedern nahezubringen. Das ging gründlich nach hinten los, es folgte der Schock und Protest formierte sich in Form einer Initiative, die für den Erhalt des Gebäudes kämpfte. Leider vergebens. Es konnte trotz zahlreicher Bemühungen aller Parteien kein tragfähiges Konzept zum Erhalt gefunden werden.

Unsere Hochzeit feierten wir übrigens in der „Baustelle“ Gustav-Adolf-Kirche. Auch oder ganz bewusst ein persönliches Zeichen der Versöhnung mit der damals ganz neuen Situation für die Gemeinde am „Einen Zentrum“. So geht die Geschichte weiter. An neuem Ort, mit anderen Vorzeichen.

Möge die Erinnerung an die Apostelkirche lebendig bleiben!
Diese Webseite ist ein Beitrag dazu. Ich lade Sie zum Stöbern ein: auf dieser Seite und vielleicht auch in Ihren privaten Archiven. Und wenn Sie etwas finden, Fotos, Videos, Musikaufnahmen, Postkarten, Grundrisse, Texte, Bücher, Historisches oder sonst etwas, dann zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren. Vielleicht lässt sich diese Seite in den nächsten Jahren ja mit weiteren Schätzen und Schätzchen erweitern? Ich hoffe das!

Herzliche Grüße
Birgit Schmidt-Sodingen, geb. Schröter

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